Die Eishalle hat den Betrieb eingestellt. Alle Mitarbeiter sind gekündigt. Der Eishockeyclub löst sich auf. Auch die letzte Hoffnung auf eine neue Eissaison ist nun geschmolzen.
Es ist endgültig und es ist ein bitterer Tag für Jonsdorfs Bürgermeisterin Kati Wenzel (Freie Wähler), für den Kurort Jonsdorf, für das ganze Zittauer Gebirge und weit darüber hinaus: Am Mittwochabend hat die Bürgermeisterin die Jonsdorfer Eishalle geschlossen. Vorerst für immer. Zum 31. Juli ist der Geschäftsbetrieb eingestellt. Die Gemeinde Jonsdorf kann die beliebte Sport- und Freizeiteinrichtung nicht mehr finanzieren.
„Ja, das ist bitter, sehr bitter“, sagt Kati Wenzel leise, als sie am Mittwochabend zum letzten Mal die Tageseinnahmen abrechnet – und dann endgültig die Tür schließt. Die Bürgermeisterin ist vom Gemeinderat zur Liquidatorin der Betreibergesellschaft bestellt worden. Seit zwei Monaten wickelt sie die Jonsdorfer Kur- und Tourismus GmbH (KuT) ab, die ihren Betrieb aus finanziellen Gründen einstellen muss.
Die Hoffnung, dass es doch noch eine nächste Eissaison geben könnte, ist geschwunden. „Das Schlimmste ist, dass das jetzt gar nicht überraschend kommt“, sagt Kati Wenzel. Seit ihrem Amtsantritt Ende 2019 macht sie auf das Finanzierungsproblem aufmerksam: Eine 1.400- Einwohner-Gemeinde allein ist finanziell nicht in der Lage, eine überregional bedeutende Einrichtung zu betreiben, die in der Eissaison jeden Monat bis zu 30.000 Euro kostet.
Es hat unzählige Gespräche gegeben seitdem – mit Wirtschaftsberatern, mit dem Landrat und dem Kreiskämmerer, mit den Bürgermeistern der Nachbargemeinden und des Naturparks Zittauer Gebirge. Sie sind alle ohne Ergebnis geblieben, obwohl es durchaus bedenkenswerte Ideen gibt wie beispielsweise die des Olbersdorfer Bürgermeisters Andreas Förster (parteilos), der vorschlägt, alle Zittauer Gebirgs-Gemeinden könnten doch als Gesellschafter in die KuT einsteigen.
„Aber auch in den Kassen der Nachbargemeinden sieht es ja nicht besser aus“, weiß Kati Wenzel. Daniel Schwarzbach, den Eismeister, macht die Situation richtig wütend. „Es kann doch nicht sein, dass in diesem reichen Deutschland eine Gemeinde ihre Freizeiteinrichtung schließen muss“, sagt er bitter.
Tobeland-Hüpfburgen werden verkauft
Sieben Jahre lang hat Daniel Schwarzbach als technischer Leiter in der Eishalle gearbeitet, hat im Sommer jeden Tag die Hüpfburgen und Kletterkissen im Tobeland aufgeblasen, hat im Winter jeden Tag die Eisfläche präpariert mit Maschinen, die schon längst durch neue hätten ersetzt werden müssen.
An diesem Mittwochabend lässt er zum letzten Mal die Luft aus den Hüpfburgen. Die großen bunten Spiel- und Tobegeräte sollen alle verkauft werden. „Kindereinrichtungen können sich gerne melden“, sagt Kati Wenzel. Für Daniel Schwarzbach und seine vier Kollegen in der Eishalle ist am 31. August Schluss. Der Eismeister hat bereits einen neuen Arbeitsvertrag in Zittau unterschrieben. Am 1. September fängt er an.
Bis dahin sind er und seine Kollegen noch da, um auszuräumen und noch mal neue Inventarlisten zu schreiben, damit alles ganz ordnungsgemäß abgewickelt werden kann. Und – das ist keine Ironie – Daniel Schwarzbach wartet die Kühltechnik und bereitet die Geräte und Maschinen für eine neue Eiszeit vor. „Im Herbst kommt der TÜV“, erklärt er, „der ist Vorschrift, auch wenn die Kühltechnik gar nicht zum Einsatz kommt.“
Dass die Kühltechnik nicht ebenfalls abgebaut und ausgeräumt wird, dazu hatte sich der Jonsdorfer Gemeinderat verständigt. So bleibt wenigstens noch eine kleine Chance, die Halle vielleicht irgendwann wiederzueröffnen.
Eishockeyclub steht vor der Auflösung
Ronny Völkel-Baier, der Vorstandschef des Jonsdorfer Eishockeyclubs sitzt an diesem Abend zu Hause und plant die praktische Auflösung des Vereins. „Ich bin einfach nur maßlos enttäuscht“, sagt er. „Der Eishockeysport im Zittauer Gebirge ist Geschichte, weil es die Politik nicht vermocht hat, eine zukunftsfähige Lösung für diese Sportstätte zu finden.“
Die Auflösung des Vereins sei nun die Konsequenz, zu der man gezwungen sei, sagt Völkel-Baier. „Wir können ja nicht warten, ob überhaupt und wann vielleicht wieder Eis gemacht werden könnte.“ Die Mannschaften für den Eishockey-Spielbetrieb hat er abgemeldet. Auch mehr als 60 Kinder und Jugendliche, darunter hoffnungsvolle Talente, müssen sich nun eine andere Sportart suchen. Nächste Eishockey-Spielmöglichkeiten für sie gäbe es in Niesky oder im tschechischen Varnsdorf (Warnsdorf).
„Wenn wir keine Spielstätte mehr haben, können wir ja auch nicht spielen“, sagt er. Und er könne keine Mitgliedsbeiträge kassieren oder Sponsorengelder einwerben, wenn kein Eishockey gespielt wird. Für den 16. August hat der Vorstand eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen, bei der die Auflösung beschlossen werden soll.
Kati Wenzel hat die Hoffnung auf einen Neuanfang dennoch nicht aufgegeben. „Wir können doch hier mitten im Kurort nicht so ein großes, leeres Objekt stehenlassen“, sagt sie. Im August hat sie wieder einen Termin mit dem Landrat, im September sogar einen in der Staatskanzlei
Es gibt Konzepte, wie aus der Arena eine Ganzjahresstätte für Freizeit, Sport und Tourismus werden könnte. Studenten der Zittauer Hochschule haben dafür Ideen entwickelt. Ohnehin müsste die Halle grundlegend saniert und umgebaut werden. Kati Wenzel beziffert den in den vergangenen Jahren aufgelaufenen Investitionsstau auf rund zehn Millionen Euro. Für Großveranstaltungen könne die Halle weiter gemietet werden, sagt sie. Und geht an diesem Abend ebenfalls enttäuscht nach Hause.
Artikel von Jana Ulbrich, erschienen am 31.07.2024 auf sz-online.de (Quelle), Foto von © Rafael Sampredo/foto-sampedro.de.