HILFERUFE AUS DEM LUFTKURORT
Jonsdorf hat kein Geld mehr: Eishockeyclub verliert Heimspielstätte
Die Bestürzung ist groß. Gerade schaute man noch auf die Rekordbesucherzahlen der letzten Eiszeit zurück und jetzt soll alles vorbei sein. Jonsdorf löst seine Kur- und Tourismus GmbH auf und verabschiedet sich damit aus der finanziellen Verantwortung für die Eishalle im Ort.
Eigentlich wollte man in diesem Jahr in Jonsdorf eine Riesenparty zu genau 70 Jahren Eishockey feiern. „Jetzt haben wir keine Heimspielstätte mehr“, sagt Ronny Völkel-Baier, Chef des örtlichen Eishockeyclubs ESC Jonsdorf. Knall auf Fall kam die Entscheidung des Gemeinderates, dass die kommunale Kur- und Tourismus GmbH zum 1. Juni liquidiert wird. Es handelt sich um die Gesellschaft, zu der neben der Touristinformation des Luftkurortes auch und vor allem das Gebirgsbad und die Eishalle gehören.
Mit der Liquidation ist der ESC Jonsdorf heimatlos.
– Ronny Völkel-Baier Chef vom ESC Jonsdorf
Der Eishockeyclub sei von der Gemeinde gefragt worden, ob er als Verein die Halle bewirtschaften könne, bestätigt Völkel-Baier. Man habe tagelang hin- und hergerechnet, doch wie man es auch drehe, der Verein könne das nicht stemmen. „Wir reden hier von knapp 25.000 Euro pro Monat in der Eissaison. Das bekommen wir im Leben nicht hin. So viele Sponsoren und Gelder können wir nicht generieren, um sechs oder sieben Monate Eiszeit zu stemmen.“
Mit Spendenaktion die Eiszeit gerettet
Dabei sind die Jonsdorfer erprobt, was das Lösen schier unlösbarer Probleme angeht. Als im Jahr 2022 die Strompreise explodierten, konnte mit einer Spendenaktion die nächste Eiszeit gerettet werden. Alle machten mit. So setzte sich Bürgermeisterin Kati Wenzel hinter die Supermarktkasse, um Spendengelder zu akquirieren. Das Wunder gelang und vergangene Saison kamen so viele Gäste in die Eishalle wie seit Jahren nicht mehr. 29.000 Besucher wurden gezählt.
Ja, man habe sich über den letzten Winter gerettet, sagt Jens Jungmichel, zweiter stellvertretender Bürgermeister von Jonsdorf. Doch nun sei die Gemeinde am Ende. Man könne nicht mehr jährlich 120.000 bis 150.000 Euro in eine Eishalle stecken, deren Unterhalt nicht zur kommunalen Pflicht gehört. Schule und Kita gingen vor. „Unsere Grundschule muss neu gebaut werden. Wir haben da noch den DDR-Plattenbau stehen, da zieht’s durch jedes Fenster“, begründet Jungmichel die Entscheidung der Gemeindeverwaltung.
Unsere Grundschule muss neu gebaut werden. Da zieht’s durch jedes Fenster.
– Jens Jungmichel stellvertretender Bürgermeister von Jonsdorf
Hilferufe aus der kleinen Gemeinde
Die Krux: Der Luftkurort soll etwas für Touristen bieten, hat aber kaum Einnahmen. „Wir dürfen hier im Zittauer Gebirge kein Gewerbegebiet erschließen. Ich weiß nicht, wie laut wir noch um Hilfe schreien müssen“, so Jungmichel. „Die Eishalle gehört zu Jonsdorf dazu und es wäre um sie jammerschade“, sagt auch Robert Schwerdtner, Gemeinderat und Hotelinhaber im Ort. „Aber in der momentanen Haushaltslage ist es nun mal so, dass wir sie uns nicht leisten können.“
Wir können uns die Eishalle in der momentanen Haushaltslage nicht leisten.
– Robert Schwerdtner Gemeinderat in Jonsdorf
Sportverein mit 130 Mitgliedern
Ronny Völkel-Baier blutet das Herz. „Hier gehen so viel Arbeit und geschaffene Sachen den Bach runter.“ Vier Nachwuchsmannschaften hat der ESC, Angebote für die Kita, man zähle rund 130 Sportler, die Hälfte seien Kinder und Jugendliche. Und dem Verein gehe es gut. „Wir sind liquide.“ Auch mit der Eishalle sei baulich alles soweit in Ordnung, um in die nächste Saison zu starten. Auch wenn künftig an der Bausubstanz der Anfang der 1990er-Jahre gebauten Halle was gemacht werden müsste – „Eismaschine und Heizungen funktionieren“, so der ESC-Chef.
Kann der Görlitzer Landkreis einspringen?
Warum könne nicht der Görlitzer Landkreis die Eishalle übernehmen, ähnlich wie beim Trixi-Ferienpark in Großschönau, stellt Völkel-Baier die Frage. Der Landkreis sei ja auch chronisch pleite, winkt Jonsdorfs stellvertretender Bürgermeister Jungmichel ab.
Für die Eishockeyspieler bleiben unterdessen nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie wechseln in Vereine nach Niesky beziehungsweise ins tschechische Varnsdorf oder sie hören mit dem Sport auf.
Dieser Bericht wurde am 08. Juli 2024 vom MDR veröffentlicht: Quelle.